Chronik der Wiedemannschen Druckerei AG

1673
Gründung durch Johann Ritter (gest. 1714) in der Brudergasse 12 als erste Saalfelder Druckerei.

27.05.1687
Ritter wird zum Hofbuchdrucker ernannt und erhält ein Druck-Monopol für das Herzogtum Sachsen-Saalfeld.

In der herzoglichen Verleihungsurkunde wird er als Hofbuchdrucker bezeichnet und ihm das Privileg zugestanden „dass alles dasjenige, was in Unserer Fürstlichen Landesportion Geist- und weltlichen Standes an Tractaten, Caminibus (Gedichten), Predigten Calendern und dgl. zum Drucke wollte bringen lassen, in solche unsere Hofbuchdruckerei zu ihm gebracht werden möchte.“

1710
Übertragung des Privilegs auf den Schwiegersohn Ritters, Johann Samuel Müller aus Saalfeld.

1714
Nach Ritters Tod übernimmt Gottfried Böhmer (gest. 1743) aus Rudolstadt den Betrieb.

In der Verleihungsurkunde heißt es, dass Böhmer erlaubt wird, „allerhand geist- und weltliche Tractate, Schriften und Bücher, wie die Namen haben mögen, sowohl vor Ausländische als Inländische zu drucken, jedoch dass solche der geistlichen Lehre gemäß und nichts wieder Gottes Wort und Ehre, oder die Hohe Obrigkeit in sich halten oder zu jemandes Beschimpfung und Verkleinerung gereichen, dahero unser Hofbuchdrucker, die ihm zu drucken übergebenen Materie vorher denen zur Censur verordneten Persohnen vorzuzeigen und deren approbation (=Billigung) zu gewarten hat.“

1743
Übernahme durch Johann Christian Otto Wiedemann (Schwiegersohn v. G. Böhmer).

1774
Übernahme durch Johann Michael Gottfried Wiedemann (1774-1810).

1810
Übernahme durch Johann Friedrich Christian Wiedemann (1810-1841).

1841
Übernahme durch Johann Wilhelm Anton Wiedemann (1841-1873).

1873
Übernahme durch Schwiegersohn Albert Müller (1845-1895).

1880
Verlegung in einen Fabrikneubau in der Georg- (Kelz-)straße 22. Steigender Anteil von einbrennbaren Buntdrucken.

1893
Zerstörung der Fabrik durch einen großen Fabrikbrand, anschließend Wiederaufbau.

Die Fabrik brannte bis auf ein Gebäude nieder, dass das Anwesen im Südosten abschloss und die Photographische Abteilung enthielt. Der ganze Maschinenpark, die Schriften, Papiervorräte sowie ein großes Lager von Lithographiesteinen wurden vernichtet. der Brandschaden betrug rund 500.000 Mark, für damalige Zeiten eine ganz besonders hohe Summe.

1895
Die Söhne Max, Paul und Fritz Müller führten das Geschäft weiter.

01.04.1910
Angliederung der Lithografischen Anstalt Schlick & Schmidt (s.d.). Schlick & Schmidt verkauft nach Erbbauauseinandersetzungen an die Wiedemannsche Hofbuchdruckerei.

1913
Konkurs und Übernahme durch den jüdischen Kaufmann. Dr. Leo Gutmann. Er gründete eine Auffanggesellschaft als Aktiengesellschaft, deren Hauptaktionär Gutmann selbst war. Er verließ Deutschland 1933.

1919-1921
Wiedemann druckt das Saalfelder Not- und Inflationsgeld.

1922-25
Vergrößerung des Betriebes mit Schwerpunkt Lithographie. 221 Mitarbeiter, 6 Steindruckschnellpressen, 14 Steindruckhandpressen, 10 Hilfsmaschinen. Druck von Briefmarken, Lebensmittelkarten, Saalfelder Notgeld. Bau eines neuen Papierlagers.

1927-1933
Neue wirtschaftliche Probleme führen zur zeitweiligen Stilllegung und Entlassung von 134 Mitarbeitern. Hermann Diemert (geb. 1892 in Oberhochstadt/Pfalz) wird 1928 neuer Direktor.

1933
Nach der NS-Machtergreifung muss der bisherige Eigentümer Leo Gutmann den Betrieb schrittweise aufgeben. Direktor Hermann Diemert übernimmt zuerst 30% der Aktien, später 100 % des Aktienbestandes.

1935-1937
Die Druckerei musste ihre Zahlungen wiederum einstellen. Wiederholter Konkurs und teilweise Stilllegung des Betriebes. Nur noch wenig Druckarbeiten werden ausgeführt, stattdessen erfolgt die Herstellung von Samentüten für Gemüse- und Blumenzüchtereien.

1939-1946
Das Firmengelände ist an die Schuhfabrik Emil Neuffer Pirmasens verpachtet. Verhandlungen über eine Verpachtung laufen auch mit der AEG. Hermann Diemert steht unter GESTAPO- Beobachtung.

1945
Im Dezember wird Diemert enteignet, bleibt jedoch noch Betriebsleiter. Auf dem Firmengelände entsteht eine Wäscherei, anfänglich für die Rote Armee. Der Betrieb wird in eine KG umgewandelt. Weiterhin kaum Druckaufträge.

1949
Hermann Diemert geht in den Westen.

1951
Als Werk III wird der Betrieb Teil des VEB Vereinigte Abziehbilderwerke Leipzig, Nerchau, Saalfeld, 1967 umbenannt in VEB Technodruck. Der Name Wiedemann verschwindet. Das Unternehmen stellt im Steindruck Abziehbilder her (täglich bis zu 40.000 Bogen). Buch- und Offsetdruck werden an den VEB Ernst Thälmann in Saalfeld abgegeben. Ende der 50er Jahre sind 8 Steindruckmaschinen vorhanden. Das Unternehmen spezialisiert sich auf keramischen Buntdruck für die Porzellanindustrie. Betriebsleiter sind: Erich Gräßel (1949-1975), Hans Scheidig (1975-1980), Norbert Frank (1980-1990).

1952
Nach Auflösung der Holdhoff & Co. werden das dortige Personal und die Aufträge übernommen.

ab 1971
Umstellung auf Siebdruck mit zuletzt 4 Maschinen mit Trockenkanal (Westtechnik). Der Betrieb hat 62 Beschäftigte, davon 70 % Frauen. Die alten Shed-Dächer der Maschinenhalle werden beseitigt.

um 1975
Technodruck wird dem Kombinat Feinkeramik Kahla angegliedert.

1985
In der Nacht zum 1. Juli wird der Betrieb durch Brandstiftung beschädigt.

1990-1993
Zur Treuhand. Umwandlung in eine GmbH, seit 1993 wieder unter dem Namen Wiedemannsche Druckerei. Mehrfache Eigentümerwechsel, zahlreiche Entlassungen.

2000
Übernahme durch die Könitz Porzellan GmbH.

2005
28 Beschäftigte, 4 SPS-Druckanlagen mit Trockenkanal, monatliche Druckleistung ca. 50.000 Bogen.

2023
Festakt zu 350 Jahre Wiedemannsche Druckerei in Saalfeld.

 

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